Die USC Shoah Foundation. The Institute for Visual History and Education
Während der Dreharbeiten zu "Schindlers Liste" im polnischen Krakau äußerten Überlebende den Wunsch, vor der Kamera über ihre Erinnerungen zu berichten. Angeregt dadurch initiierte der Regisseur Steven Spielberg ein Projekt zur Dokumentation von Zeitzeugenberichten des Holocaust. Dazu rief er im Jahre 1994 die gemeinnützige Organisation "Survivors of the Shoah Visual History Foundation" (Shoah Foundation) ins Leben. Diese sollte die Schilderungen der Überlebenden auf Video aufnehmen, um sie nachfolgenden Generationen als Unterrichts- und Ausbildungsmaterial zugänglich zu machen.
Ziel: Erinnerungen dokumentieren
Die Shoah Foundation setzte es sich zum Ziel, ungefähr 50.000 Interviews mit Überlebenden des Holocaust filmisch aufzuzeichnen, zu katalogisieren und zu archivieren. Erklärte Absicht war es, die persönlichen Erfahrungen möglichst vieler noch lebender Zeugen des Holocaust zu dokumentieren. Von 1994 bis 1999 zeichnete die Organisation an die 52.000 Interviews in 56 Ländern und 32 Sprachen auf.
Bedeutung: weltweit größte Interviewsammlung zum Holocaust
Die meißten Interviewten sind jüdische Überlebende des Holocaust. Aber auch andere Verfolgte wie Sinti und Roma, Homosexuelle, Zeug(inn)en Jehovas, politisch Verfolgte und Überlebende der Eugenikpolitik wurden interviewt. Des Weiteren wurden auch Interviews mit Retter(innen) und Helfer(innen), Befreier(innen) und Zeug(inn)en der Befreiung sowie Beteiligte an den Kriegsverbrecherprozesse geführt. Zwischen 2000 und 2006 hat die Shoah Foundation das gesammelte Filmmaterial mit einer Gesamtdauer von etwa 120.000 Stunden gesichtet, katalogisiert, indexiert und in dem Visual History Archive für Nutzer(innen) verfügbar gemacht. So ist die weltweit umfangreichste Interviewsammlung zum Nationalsozialismus und Holocaust entstanden.
Ansatz: Aufklären durch Weitergabe von Erinnerung
Im Jahre 2006 wurde die Shoah Foundation Teil der University of Southern California (USC). Dort wurde die USC Shoah Foundation. The Institute for Visual History and Education gegründet. Nach Abschluss der Interviewphase und der Archivierung liegt der Hauptfokus der USC Shoah Foundation inzwischen in der Bereitstellung des gesammelten Materials zu Forschungs- und Lehrzwecken. Dabei verfolgt die Organisation einen aufklärerischen Ansatz: Sie geht davon aus, dass das Erzählen von Geschichten ein grundlegendes und effektives Mittel ist, um Erinnerung weiterzugeben und für Toleranz zu sensibilisieren. Ziel ist es, die Erinnerung der Überlebenden zu bewahren und der Nachwelt zugänglich zu machen. So sind in den vergangenen Jahren zahlreiche pädagogisch ausgerichtete Programme und Materialien entstanden.
Neue Sammlungen: Interviews mit Überlebenden anderer Genozide
Inzwischen wird das Visual History Archive um Sammlungen von Interviews mit Überlebenden und Zeug(innen) weiterer Genozide erweitert. So enthält es seit 2013 eine Sammlung von 65 Interviews mit Überlebenden des Genozids an den Tutsi in Ruanda 1994. Die Interviews wurden in Kooperation mit dem Kigali Genocide Memorial in den U.S.A. und in Ruanda auf Englisch und Kinyarwanda geführt.
Seit Februar 2014 sind außerdem 12 Interviews mit Überlebenden des Nanjing Massakers 1937/38 im Archiv enthalten. Diese Interviews wurden in Nanjing/China auf Mandarin geführt und sind das Ergebnis einer Kooperation mit der Nanjing Massacre Memorial Hall. Im April 2015 wird zudem die Sammlung, der von Dr. J. Michael Hagopian geführten Interviews mit Überlebenden und Zeugen des Genozids in Armenien in das Visual History Archive integriert.
Vollzugriff: Das Archiv an der Freien Universität Berlin
Seit 2006 hat die Freie Universität einen Vollzugriff auf das Visual History Archive, und bietet ihren Studierenden, Lehrenden und Forschenden die Möglichkeit mit den Videos zu arbeiten.
Inzwischen Bieten rund 140 Institutionen weltweit einen solchen Vollzugang zu dem Archiv an.