"Zwangsarbeit 1939-1945. Erinnerungen und Geschichte"
Neues Projekt zur Bewahrung der Lebensgeschichten von Opfern der NS-Zwangsarbeit
News vom 12.10.2007
Basierend auf rund 2000 Audio- und Videobändern mit Zeitzeugen-Interviews entsteht in Berlin ein neues digitales Archiv. Unter dem Titel "Zwangsarbeit 1939-1945. Erinnerungen und Geschichte" werden rund 600 Lebensgeschichten von Opfern des Nationalsozialismus aus 27 Ländern über eine Online-Plattform für die Bildung und Wissenschaft zugänglich gemacht und auf diese Weise zur weiteren gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Schicksalen der Zwangsarbeiter bewahrt. Das Projekt ist eine Kooperation der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" mit der Freien Universität Berlin und dem Deutschen Historischen Museum. Am 10.10.2007 unterzeichneten die Leiter der drei Berliner Einrichtungen eine entsprechende Vereinbarung für das gemeinsame Vorhaben.
"Zwangsarbeit 1939-1945. Erinnerungen und Geschichte" dient dem Gedenken an die etwa zwölf Millionen Menschen, die während des Nationalsozialismus Zwangsarbeit leisten mussten. Es soll Schülern, Studierenden und anderen Lernenden ermöglichen, von der Geschichte der Zwangsarbeiter zu lernen, auch wenn in Zukunft keine Zeitzeugen mehr persönlich von ihren Schicksalen berichten können. Entstanden ist die große Interview-Sammlung mit Transkripten aller Bänder und einigen deutschen Übersetzungen in einem Vorgängerprojekt der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft". Die Interviews wurden in den Jahren 2005 und 2006 unter Federführung des Instituts für Geschichte und Biographie der Fernuniversität Hagen durchgeführt.
Das Archiv erhält das umfangreiche internationale Quellen-Material für die Nachwelt und macht die aufgezeichneten Zeitzeugen-Interviews mit moderner Technologie zum Beispiel für Projektarbeit an Schulen oder für die Lehre und Forschung an Universitäten vielfältig nutzbar. Eine erste Version der Plattform soll bereits im Herbst 2008 online gehen und vorerst hauptsächlich Wissenschaftlern für Recherchen zur Verfügung stehen.
In dem Projekt digitalisiert die Freie Universität zunächst die rund 600 Zeitzeugen-Interviews. Das Deutsche Historische Museum inventarisiert diese fachgerecht, bevor es für eine konservatorisch und sicherheitstechnisch optimale Lagerung der Original-Materialien sorgt. Die interaktive Online-Plattform, die das Center für Digitale Systeme (CeDiS) der Freien Universität entwickelt, bietet schließlich Zugang zu den Zeitzeugen-Berichten. Deren wissenschaftliche Erschließung leitet der Arbeitsbereich für die Geschichte Ostmitteleuropas. Auf der Plattform können dann beispielsweise Studierende oder Wissenschaftler alle Interviews nach Orten oder konkreten Erfahrungen durchsuchen und sich die Rechercheergebnisse online ansehen bzw. anhören. Zusätzlich erarbeitet die Freie Universität Konzepte und Produkte für die Nutzung des Archivs speziell im Schulunterricht. So sind unter anderem die didaktische Aufbereitung einzelner Interviews als Unterrichtssoftware und die Erstellung von biographischen Kurzfilmen zum Leben einzelner Zeitzeugen geplant. Das Deutsche Historische Museum integriert außerdem eine PC-Station mit ausgewählten Materialien aus dem Archiv zusammen mit Forschungsergebnissen zur Geschichte der NS-Zwangsarbeit in die Dauerausstellung "Deutsche Geschichte in Bildern und Zeugnissen" im Berliner Zeughaus.
Mehr Informationen:
www.zwangsarbeit-archiv.de